Theater erarbeitet Sicherheits- und Hygienekonzept mit reduzierten Sitzplätzen
Essen. Das Essener Varieté-Theater begeisterte seit 1996 über zwei Millionen Gäste mit innovativen Shows und hauseigener Gastronomie. Es ist eine von sieben Spielstätten der GOP Entertainment-Group, die jährlich insgesamt mehr als 800.000 Gäste zu verzeichnen hat. Nun bangt es um seine Existenz.
Die Verantwortlichen des GOP-Varieté-Theaters schlagen Alarm, fürchten aufgrund der Corona-Krise um ihre Existenz. Seit März ist das Theater per Erlass geschlossen, wie alle Spielstätten in Essen. „Eine Soforthilfe gibt es nicht, weil das GOP kein Kleinbetrieb ist“ sorgt sich Nadine Stöckmann, Direktorin des GOP. „Auch wenn die vertraglichen Verpflichtungen für Pacht, Energieversorgung oder Versicherungen reduziert wurden, greifen die enormen laufenden Kosten die Rücklagen an“, ergänzt sie. „Als privates Unternehmen erhalten wir auch keine öffentliche Kulturförderung“, bedauert Stöckmann und befürchtet „mit den zumeist öffentlich finanzierten Stadt- und Landestheatern oder der Gastronomie in einen Topf geworfen werden.“ Dabei bieten die Varietétheater gegenüber der Gastronomie den Vorteil, dass die Gäste an fest definierten Plätzen sitzen und über die gebuchten Karten auch bekannt ist, wer dort sitzt.
Von den 90 Mitarbeitern, der Großteil in Voll- oder Teilzeit, sind derzeit alle zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Ausnahmen sind die Auszubildenden, die nicht davon betroffen sind. Für Minijobber und 450-Euro-Kräfte fällt das Einkommen komplett weg. „Zudem haben wir auch eine große Verantwortung gegenüber den Künstlern und Artisten“, so Stöckmann. „Die Bühnenakteure arbeiten alle als Honorarkräfte, erhalten somit also kein Kurzarbeitergeld.“ Deswegen sei es das Ziel, in reduziertem Umfang wieder zu öffnen. So könne man möglichst viele Angestellte aus der Kurzarbeit zurückholen.
Aus diesem Grund hat die GOP-Direktorin mit ihrem Team ein mehrseitiges Sicherheits- und Hygienekonzept erarbeitet, welches zahlreiche Maßnahmen wie eine gesteuerte Einlasssituation, reduzierte Sitzplätze oder höhere Reinigungsintervalle vorsieht. „Der Kontakt von Gästen und Mitarbeitern soll dadurch auf das notwendige Minimum reduziert werden“, so Stöckmann.
Mit knapp der Hälfte der Gäste – 55 Prozent der Sitze – könnten laut Stöckmann die Abstands- und Hygieneregeln bei Shows eingehalten werden. Der Verlust der „verkleinerten Wiedereröffnung“ wäre für das Theater auf jeden Fall geringer als wenn es komplett geschlossen habe, begründet die Direktorin die Pläne.
Falls das Varieté also wieder Programm zeigen kann, soll es im Theatersaal klare Regeln geben. Die Tische werden auseinander gezogen, und es sollen lediglich Personen zusammen sitzen, die einem gemeinsamen Haushalt angehören. Speisen und Getränke sollen über ein gesondertes Verfahren serviert werden. Und auf die bislang übliche Pause wird verzichtet, stattdessen soll die Show auf 90 Minuten begrenzt werden, sodass es nicht zu kleineren Ansammlungen, Bewegungen oder gar Gedränge vor und in den Toiletten kommt.
Da es bislang keine Aussagen zu einer möglichen Wiedereröffnung der Varieté-Theater gebe, bittet Nadine Stöckmann um eine dringend benötigte zeitliche Perspektive. Das Hygiene- und Sicherheitskonzept hat sie an alle Verantwortlichen in Politik und Behörden sowie an entsprechende Bundestagsabgeordnete geschickt. Ganz klar dabei sei, dass in jedem Falle der Infektionsschutz oberste Priorität besitze.
So hofft und setzt Stöckmann auf eine rasche Wiedereröffnung, „denn sonst“, gibt sie zu bedenken „müssen wir fürchten, dass es ohne öffentliche Unterstützung im Herbst keine privaten Varieté-Theater mehr geben wird“. Damit droht ein Bereich der Kultur wegzubrechen, dessen Renaissance sie einmalig ist, da sie in den 80ern in der Form nur in Deutschland stattgefunden hat.