LWL-Museum in der Kaiserpfalz zeigt in Sonderausstellung die Region auf einem kulturhistorischem „Wanderweg“ – 1250 Jahre Westfalen

Mit der großen Sonderausstellung „775 – Westfalen“ feiern der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die LWL-Kulturstiftung das Jubiläum „1250 Jahre Westfalen“. Zwischen rund 500 kulturellen Schätzen aus der Region gehen die Besuchen-den ab Freitag (16.5.) im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn auf einer Art „Wanderweg“ durch die Geschichte Westfalens. Die Ausstellung (bis 1.3.26) ist der Höhepunkt im Kulturprogramm der LWL-Kulturstiftung zum Jubiläumsjahr.
Auf rund tausend Quadratmetern soll die facettenreiche Entwicklung der Region seit der ersten Erwähnung im Jahr 775 anhand von Handschriften, großformatigen Gemälden und archäologischen Funden erlebbar werden. Hochkarätige Exponate aus Belgien, Frankreich, Österreich, den Niederlanden und Deutschland wurden zum Teil erstmals ausgeliehen. KI-generierte Bilder zeigen, wie bekannte und weniger bekannte Westfälinnen und Westfalen ihre Heimat in der Zukunft sehen, Medienstationen laden die Besuchenden zum Mitmachen ein.
„Wie eine Region gemacht wurde und was Westfalen ausmacht“

Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL: „Vor rund 1250 Jahren fiel der Begriff Westfalen das erste Mal als geschriebenes Wort – ein historischer, feierwürdiger Moment für alle in Westfalen und für die, die mit Westfalen etwas verbinden.“ Denn 2025 jähre sich die erstmalige Erwähnung der Westfalen in einem Bericht der fränkischen Reichsannalen für das Jahr 775 zum 1250. Mal. „Das ist Grund genug, einen schärferen Blick sowohl von außen wie auch von innen auf Westfalen, seine Geschichte und seine Wandlungen zu werfen. Das Publikum darf hochkarätige Exponate erwarten. Sie zeigen, wie eine Region gemacht wurde und was Westfalen ausmacht. Die meisten Menschen, die hier leben, sind ja irgendwann dazugekommen. Westfalen ist darum schon seit Jahrhunderten so etwas wie ein großes Versuchslabor – spannend zu gucken, was hier entsteht, wie die Menschen hier ihre Probleme anpacken statt sie zu verwalten oder zu vertagen. Das macht Westfalen so interessant.“
Festakt
Die Eröffnung der Ausstellung „775 – Westfalen“ am Donnerstagabend (15.5.) ist gleichzeitig der Festakt zum Jubiläumsjahr und wird im Hohen Dom zu Paderborn gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen Hendrik Wüst gefeiert. Interessierte können die Veranstaltung mit musikalischen und künstlerischen Beiträgen live auf dem YouTube-Kanal des LWL im Internet verfolgen: https://www.youtube.com/live/mTllc06ZYlg
Ein Jahr lang Kulturprogramm
Neben der Westfalen-Ausstellung würdigt der LWL gemeinsam mit der LWL-Kulturstiftung das Jubiläum mit einem umfassenden Kulturprogramm aus Kunst, Geschichte, Literatur, Musik, Kabarett, Kulinarik und Podcast. Das Programm steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

„Die gewachsene Vielfalt der Region, deren Entwicklung in der Paderborner Ausstellung nachvollziehbar werden soll, zeigt sich besonders in dem Kulturprogramm, das die LWL-Kulturstiftung im Rahmen eines Förderschwerpunktes mit drei Millionen Euro für 44 Projekte ermöglicht“, so LWL-Kulturdezernentin und Vorstandsmitglied der Stiftung Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger. „Als Herzstück unseres Kulturprogramms spannt die Ausstellung in Paderborn einen zeitlichen Bogen bis in die jüngere Geschichte. Damit bietet sie zahlreiche Anknüpfungspunkte für Projekte des Kulturprogramms.“
In über 300 Veranstaltungen und Angeboten geht es zum Beispiel um westfälische Moorlandschaften, jüdische Frauen aus Westfalen im Widerstand, neue Impulse aus der Freien Szene oder um bekanntere und weniger bekannte Geschichten und Persönlichkeiten der Region. Neue Lesarten von altbekannten Märchen und Literaturklassikern sowie künstlerische Perspektiven auf prägende Ereignisse sollen Impulse zu aktuellen Themen setzen, die auch ohne persönliche Bezüge zu Westfalen Interesse wecken.
Die Ausstellung: Streifzug durch die Jahrhunderte, Streifzug durch Westfalen

Die Ausstellung in Paderborn soll auch ein geschichtlicher Abriss zur Entwicklung Westfalens sein. „Eine Rückschau auf die Entwicklung unserer Heimat seit dem Jahr 775 muss sein, aber wir wollen auch vom Zeitstrahl abweichen, besondere Perspektiven einnehmen, den Blick in die Zukunft werfen“, so Dr. Martin Kroker, Leiter des LWL-Museums in der Kaiserpfalz. Das werde dem Team vor allem dank der Ausstellungsgestaltung und herausragender Ausstellungsstücke gelingen, erklärte Kroker.



Das zentrale Exponat ist eine der beiden letzten existierenden Abschriften der Reichsannalen aus der Pariser Nationalbibliothek (Bibliothèque nationale de France). Sie wird nur selten ausgeliehen, weil sie so empfindlich ist. Vor der Ausstellung in Paderborn wird das Pergament dort professionell gereinigt. Ein besonderer Kunsttransport bringt das empfindliche Stück Geschichte in einer klimatisierten Transportbox aus Paris nach Paderborn. Die Bibliothek in Paris entsendet zur Begleitung einen Kurier, damit die Jahrhunderte alte Schrift den Transport unbeschadet übersteht. Die Reichsannalen waren Jahrbücher, die am Hof Karls des Großen geschrieben worden sind. Für das Jahr 775 notierte hier ein Schreiber einen Kriegszug der Franken gegen die Sachsen. Die Franken besiegten die Ostfalen, die Engern und – die Westfalen.
Martin Kroker über seine weiteren Lieblingsexponate: „Beeindruckend und bewegend finde ich die krakelig geschriebene ‚Geiselliste‘ von 803. In einem schlichten Verwaltungsakt wird hier das Verschicken von jungen, namentlich genannten Menschen aus Westfalen als Geiseln in die ferne Region um den Bodensee festgehalten.“ Das Verzeichnis beinhaltet eine der frühesten Erwähnungen der Westfalen.

„Das Gemälde der Rietberger Grafenfamilie des Münsteraner Malers Hermann tom Ring zum Beispiel passt bestens in eine Westfalenausstellung, denn die Familie hat die Region nachhaltig geprägt“, so der Museumsleiter.

Alle in Paderborn und Umgebung würden den Liborischrein kennen. In ihm werden im Paderborner Dom jedes Jahr die Reliquien des Heiligen Liborius von Le Mans, des Dom- und Bistumspatrons, den Gläubigen präsentiert und die Libori-Woche damit feierlich eröffnet. Kroker: „Den Schrein hier im Haus zu haben und ihn aus der Nähe zu betrachten, ist für mich etwas ganz Besonderes.“
Die Künstler:innen Pei-Yu Chang und Malte van de Water haben im Inneren der Pfalz die Ausstellung mit Collagen gestaltet, die die Besuchenden nicht nur in Themenräume, sondern in ein eigens geschaffenes Bild hineinwandern lassen. Kroker: „Die künstlerische Gestaltung nimmt jeweils den Geist der Zeit in den Themenräumen auf und unterstützt eine sich ständig wandelnde Atmosphäre – genauso wandelbar und wechselhaft wie die Geschichte Westfalens.“


Die Besuchenden können innerhalb der Ausstellung an Mitmach-Stationen selbst aktiv werden und dank eines Begleitprogramms Westfalens Vielfalt erleben. Neben der Vortragsreihe „Westfälische Welten“ erwarten besonders Familien mit Kindern kreative Workshops, Themenführungen, Sonderveranstaltungen und Ferienprogramme. Kroker: „Wir möchten mit der Ausstellung und dem Begleitprogramm alle Westfälinnen und Westfalen aktiv zum Mitfeiern einladen, denn es ist vor allem die Geschichte ihrer Heimat, die hier im Mittelpunkt steht.“
„Neue Perspektiven auf das Westfälische entwirft auch der Begleitband zur Ausstellung. Hier erwarten Interessierte neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur westfälischen Geschichte, zu archäologischen Funden, mittelalterlichen Handschriften, Gemälden und Grafiken“, erklärte LWL-Kulturdezernentin Rüschoff-Parzinger.

Katalog
775 – Westfalen. Das Buch. Eine Region wird gemacht. 1. Auflage 2025, 352 Seiten, 24 x 30 cm, fadengeheftet,
Erscheinungstermin: 16. Mai 2025
ISBN: 978-3-7954-3980-4
Preis: 35 Euro
Höhepunkt im Jubiläumsjahr „1250 Jahre Westfalen“: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Festakt in Paderborn (Update vom 15.05.2025)
Am Donnerstag (15.5.) hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zusammen mit der LWL-Kulturstiftung einen Höhepunkt im Jubiläumsjahr „1250 Jahre Westfalen“ gesetzt: Mit einem Festakt im Hohen Dom zu Paderborn wurde im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst die Ausstellung „775 – Westfalen“ im LWL-Museum in der Kaiserpfalz eröffnet.
In Zeiten des Umbruchs tue so ein Jubiläum gut, denn es gebe räumliche und zeitliche Orientierung, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seinem Grußwort. „Zwar hat sich dieses Westfalen im Laufe seiner über tausendjährigen Geschichte immer wieder ein wenig verändert, zwar gehörten mal weniger, mal mehr Gebiete dazu. Aber das heutige Westfalen, das ist das mit seinen markanten lokalen Besonderheiten, mit dem Kloster Corvey, den Wildpferden bei Dülmen, mit der Burg Vischering bei Lüdinghausen und Sankt Maria zur Wiese in Soest, mit dem Hermannsdenkmal, wo der Arminius gerade die Arminia feiert, und der Porta Westfalica, mit der Universität zu Münster und der ‚Gelben Wand‘ im Dortmunder Stadion, mit der Möhnetalsperre und dem Schiffshebewerk Henrichenburg als Zeugnis alter Industriekultur. Das und vieles mehr, was Westfalen ausmacht, das gehört eben genau hierher, das ist nicht beliebig transportabel.“
Zum anderen gebe einem so ein Jubiläum einen bestimmten Raum in der Zeit, einen „ganz eigenen Zeit-Raum“, so der Bundespräsident weiter. „Nicht mit uns fängt die Welt an, nicht mit uns fängt Westfalen an. Wir sind die Erben einer langen Geschichte. Einer Geschichte aus Erfolgen und Niederlagen, aus glücklich Erreichtem, aber oft auch aus tiefer Not und Leid. 1.250 Jahre: Das macht auch ein bisschen demütig, und es kann ein Stück weit dasjenige relativieren, was wir als Gegenwart heute für so absolut bedeutend, für so unendlich wichtig, für alles entscheidend halten.“
„Der Erfolg Westfalens über Jahrhunderte hinweg liegt darin, dass es hier immer wieder gelungen ist, sich neu zu erfinden“ so der Ministerpräsident, Hendrik Wüst. „Das gilt auch für die heutige Zeit und die Technologien der Zukunft. Deshalb bin ich sicher: Westfalen bleibt eine starke, innovative und erfolgreiche Heimat.“ Eine starke Heimat brauche auch eine starke Wirtschaft. Die habe Westfalen zum Beispiel in dem Zukunftsfeld der Künstlichen Intelligenz.
Heimat für viele sehr unterschiedliche Menschen gehe nur mit Demokratie. Extremisten und du Populisten hätten es überall da schwer, wo der Zusammenhalt groß sei. Wüst weiter: „Was starke Wurzeln hat, kann gut und hoch wachsen. Westfalen hat alle Möglichkeiten, auch in Zukunft eine starke Heimat zu bleiben: Nachhaltig, vielfältig, innovativ, traditionsbewusst und weltoffen.“
Westfalen sei ein Gewebe aus Geschichten von Ankunft und Aufbruch, sagte der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann beim Festakt im Hohen Dom zu Paderborn. „Westfalen ist eine Region, die nicht einfach war, sondern geworden ist – durch Menschen, die kamen, blieben, gingen, wiederkamen. Wer hier lebt, ist Teil eines lang andauernden Experiments: dem Zusammenleben, dem Gestalten, dem Nachdenken.“ Seit Jahrhunderten gleiche Westfalen einem „Versuchslabor“. Deswegen sei Westfalen eine Einheit in der Vielfalt. Was Westfalen besonders mache: „Dass hier die Menschen ihre Probleme beherzt anfassen – nicht aufschieben, nicht verwalten, sondern lösen“, so Lunemann.
Auf ein Exponat der Ausstellung, den Liborischrein aus dem Paderborner Domschatz, wies Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz hin: „Im aktiven Erinnern an den heiligen Liborius zeigt sich die seit Jahrhunderten bestehende Bindung der Menschen an ihre Region Westfalen, aber auch ihre enge Vernetzung in und mit Europa und die Offenheit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner auch für Einflüsse von außen.“
Westfalen habe sich zu einer Identität entwickelt, sagte Paderborns Bürgermeister Michael Dreier. „Eine Identität geprägt von Bodenständigkeit, Zusammenhalt und Weltoffenheit.“
Weitere Informationen zur Ausstellung unter:
https://www.lwl-kaiserpfalz-paderborn.de
https://de-de.facebook.com/museuminderkaiserpfalz/
https://www.instagram.com/lwl_kaiserpfalzmuseum/

Weitere Informationen zum Kulturprogramm „1250 Jahre Westfalen“ unter:
https://www.lwl-kulturstiftung.de
https://www.1250jahrewestfalen.de