Werke aus der Sammlung Kemp.

Ausstellung vom 26. November 2025 bis 22. März 2026 im Kunstpalast Düsseldorf.

Das fünfte Element. Werke aus der Sammlung Kemp. Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf - Foto: Helmut Sonnenhol

Woraus besteht die Welt? Was hält sie zusammen? Diese grundlegenden Fragen begleiten die Menschheit seit Jahrtausenden. In der Antike suchte man zunächst nach einfachen Prinzipien, um die Vielfalt der Natur zu erklären, und entwickelte die Lehre von den vier Elementen: Erde, Feuer, Wasser und Luft. Sie stehen für Gegensätze, Wandel und das sinnlich Erfahrbare. Über ihnen schwebt das geheimnisvolle fünfte Element – eine unsichtbare Kraft, die den Kosmos ordnet. Die gleichnamige Ausstellung im Kunstpalast greift diese uralte Idee auf und stellt sie in einen Dialog mit der Kunst ab 1950. Rund 70 Werke zeigen, wie Künstler*innen das Materielle, Immaterielle und Prozesshafte in der Kunst neu erforschten. Die Arbeiten stammen überwiegend aus der umfangreichen Sammlung von Willi Kemp (1927-2020).

Der Düsseldorfer Steuerberater und Kunstsammler Kemp, dessen Sammlung über 3.000 Werke umfasst und 2011 dem Kunstpalast gestiftet wurde, war zeitlebens auf der Suche nach neuen Perspektiven. Seine Faszination für abstrakte Tendenzen in der Kunst, für das Spiel mit Stofflichkeit, Energie und Wahrnehmung prägt diese Präsentation. Die Schau vereint künstlerische Positionen, die zwischen Physik und Philosophie, Material und Idee, Natur und Technik oszillieren.

Felix Krämer. Das fünfte Element. Werke aus der Sammlung Kemp. Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf - Foto: Helmut Sonnenhol

„Dank der Sammlung Kemp können wir unserem Publikum ein Thema vorstellen, das bis heute viele Menschen in seinen Bann zieht. Die ausgestellten Werke laden dazu ein, über die Grenzen von Materie, Geist und Wahrnehmung nachzudenken. Es ist eine Schau, die Wissenschaft, Poesie und Sinnlichkeit miteinander verbindet”, freut sich Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast.

„Mich fasziniert, wie Künstler*innen der letzten Jahrzehnte die Elemente nicht mehr nur darstellen, sondern sie buchstäblich in die Kunst einbeziehen – Erde, Feuer, Wasser, Luft werden zu aktiven Mitspielern, die unsichtbare Kräfte wie Energie und Transformation spürbar machen. Jedes Kunstwerk erzählt so Geschichten, die über das Sichtbare hinausreichen. Genau wie das fünfte Element verbinden sie Materie und Idee und eröffnen Räume für neue Formen der Wahrnehmung”, erganzt Therés Lubinetzki, Kuratorin der Ausstellung und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Sammlung Kemp.

Therés Lubinetzki. Das fünfte Element. Werke aus der Sammlung Kemp. Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf - Foto: Helmut Sonnenhol

Erde – Archiv der Zeit

Zunächst widmet sich die Präsentation der Erde als Sinnbild des Ursprungs und der Vergänglichkeit. Seit Jahrtausenden steht sie für Fruchtbarkeit, Stabilität und den Kreislauf des Lebens. Doch die Erde ist nicht nur mythologisches Symbol, sondern auch realer Werkstoff. Künstler*innen des 20. Jahrhunderts begannen, die Materialvielfalt des Bodens als eigenständiges Gestaltungsmittel in ihre Arbeiten einzubeziehen.

Christo, in Bulgarien geboren und später in New York lebend, modellierte in seinen Krater-Arbeiten dicke Schichten mit Sand vermengter Lackfarbe. Der langjährige Düsseldorfer Akademie-Professor Siegfried Cremer sammelte für sein Fossilienbild Zivilisationsmüll wie Verpackungen, Papier oder Taschentücher, dessen collagenartige Verdichtung wie eine mit der Zeit erhärtete Erdschicht anmutet. In dem aus Sand und Steinen gefertigten Werk Garten des Düsseldorfers Günther Uecker wird ebenfalls eine Landschaftsassoziation offenbar – sie pendelt zwischen Erneuerung und Zerstörung. Reliefs, Collagen und erdige Texturen machen die Beschaffenheit der Welt sichtbar und verleihen ihr einen neuen, künstlerischen Ausdruck. So wird die Erde zu einem Archiv der Zeit, in dem sich natürliche und kulturelle Schichten überlagern – Spuren des Lebens, die von der Hand der Kunst neu geordnet werden.

Feuer – die Kraft der Umwandlung

Kaum ein Element verkörpert Wandel so unmittelbar wie das Feuer. Es zerstört und erschafft zugleich. Als Symbol für Kraft, Transformation und Erneuerung zieht es sich durch Mythologie, Religion und Kunstgeschichte.

Das fünfte Element. Werke aus der Sammlung Kemp. Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf - Foto: Helmut Sonnenhol

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Feuer in der Kunst zu einem Motor der Verwandlung. Künstler*innen experimentierten mit Verbrennungsprozessen, mit geschmolzenen Metallen, rußigen Oberflächen und intensiven Farben. Der ZERO-Mitbegründer Otto Piene bearbeitete seine Leinwände mit Feuer, Rauch und Ruß; bemalte, besprühte und zündete sie an. Rupprecht Geiger, der in München lebte und arbeitete, nutzte die leuchtende Qualität der Farbe, um die Energie des Feuers in seinen Arbeiten zu transportieren. Ob flammend farbige Bilder oder aus glühendem Stahl geformte Skulpturen – auf der künstlerischen Suche nach einem Neuanfang wurde das Feuer zum Werkzeug und Thema zugleich.

Luft – unsichtbare Dynamik

Luft ist paradox: allgegenwärtig und doch unsichtbar. Sie ermöglicht das Leben auf der Erde und verbindet es mit dem unendlichen Raum des Himmels. In der Kunst wurde sie zunächst in Form von Wind, Nebel oder Rauch dargestellt und vermittelte Tiefe und Atmosphäre.

Im 20. Jahrhundert rückte die Luft selbst als Materialin den Fokus: Schwingungen, Druck und Bewegung wurden Teil künstlerischer Experimente. Installationen und kinetische Objekte machen die unsichtbare Dynamik des Elements erfahrbar. Kleines Segel des in New York lebenden deutschen Künstlers Hans Haacke etwa wird von einem Ventilator in Bewegung versetzt. Otto Pienes Feuergouache Roter Ikarus veranschaulicht hingegen einen energetischen Moment zwischen Aufbruch und Hybris – ein Motiv, das sich in seiner Sky Art wiederfindet. In diesen himmelwärts steigenden Luftskulpturen verschmelzen Technik, Natur und kollektive Erfahrung zu einem Erlebnis, das den Blick auch auf die Beziehung des Menschen zur Umwelt lenkt. Die Luft steht für Freiheit und Vergänglichkeit, für das Unsichtbare, das dennoch Wirkung entfaltet – wie ein Atemzug, der die Kunst belebt.

Wasser — Form und Fluss

Das Wasser gilt seit der Antike als Ursprung allen Lebens. Es steht für Wandel, Bewegung und Reinheit, für die stetige Umformung von Materie und Bedeutung.

In der modernen und zeitgenössischen Kunst erscheint Wasser auch als Medium. Seine Fließbewegung wird zu einem bildnerischen Prinzip, das Unschärfe, Transparenz und Veränderung betont. Von abstrakten Gemälden bis hin zu Objekten: Das Wasser dient als Symbol des ewigen Kreislaufs, in dem alles im Fluss bleibt. Gerhard Hoehme, der eine Professur für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf innehatte, setzte diese Eigenschaften des Wassers mit jenen der Farbe in Beziehung: Gleich einer Naturkraft, die sich ihren Weg bahnt, erhob er die Wesensart der Farbe – Fließen, Pastosität, Schichtarbeit und Trocknen – zum eigenständigen Bildthema. In seinen Werken Charybdis und Scylla. Umbrischer Rhomboid verbindet sich diese Idee mit dem Motiv zweier Seeungeheuer und verweist damit zugleich auf die Natur des Wassers.

Das fünfte Element. Werke aus der Sammlung Kemp. Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf - Foto: Helmut Sonnenhol
Gerhard Hoehme – Scylla. Umbrischer Rhomboid

Hans Haacke rückt naturwissenschaftliche Prozesse in den Vordergrund und macht den Wasserzyklus sichtbar, wenn er bei der Arbeit Tropfkugel verschiedene Aggregatzustände nachvollziehen lässt. In vielen Werken spiegelt sich auch das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge wider. Das Element wird so zum Träger gesellschaftlicher Fragen – zwischen Zerstörung und Erneuerung, Natur und Kultur.

Das fünfte Element — Zwischen Stoff und Idee

Die vier Elemente allein reichen nicht aus, um die Welt zu erklären. Schon Aristoteles ergänzte sie um den Äther, das ‚fünfte Element”, das den Kosmos erfüllt und ordnet. Die letzten drei Räume der Ausstellung widmen sich diesem unsichtbaren Prinzip, welches sinnbildlich jenseits der materiellen Welt wirkt und Konzepte wie Energie, Zeit, Raum und Bewusstsein behandelt.

Seit den 1950er Jahren widmen sich zahlreiche Künstler*innen diesen immateriellen Dimensionen. Licht, Bewegung, Reflexion und Schwingung ersetzen die traditionelle Form. Materialien wie Glas, Spiegel, Aluminium oder elektronische Komponenten eröffnen neue Ausdrucksmöglichkeiten. So entstehen Werke, die zwischen Stoff und Idee changieren – sinnlich erfahrbar, aber zugleich geistig aufgeladen.

Das fünfte Element — Welt der Maschinen

Die Verbindung von Mensch, Technik und Natur zeigt sich in Werken, die technische Geräte – einst Werkzeuge der Wissenschaft – sowie mechanische oder physikalische Errungenschaften thematisieren und in die Kunst integrieren. Sie erweitern die Wahrnehmung, offenbaren Strukturen und Prozesse, die mit bloßem Auge unsichtbar bleiben. Heinz Mack, zweites Gründungsmitglied der ZERO-Gruppe, ließ sich von den Formen energetischer Erscheinungen inspirieren: In Quadriga-Rotoren (Lichtstele) verknüpft der Künstler elektrische Antriebskraft mit Lichtwirkung – ein sich ständig veränderndes Zusammenspiel aus Bewegung, Reflexion und Bewegung. Optogon des Krefelder Künstlers Adolf Luther nimmt durch die reflektierenden Oberflächen der Spiegel das Spiel von Licht und Bewegung auf und wirft es transformiert zurück in die Welt.

Wie Teleskope und Mikroskope neue Welten eröffneten, so erschließt auch die Kunst mithilfe der Technik andere Dimensionen der Erfahrung. Maschinelle Bewegung, elektronische Impulse werden zu Mittlern zwischen Mensch und Materie. Die Betrachtenden agieren als Bindeglied zwischen Idee und Wahrnehmung – und werden damit zum fünften Element selbst.

Warum „Das fünfte Element“?

Therés Lubinetzki, Kuratorin der Ausstellung und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Sammlung Kemp

Ein universelles Prinzip

Das fünfte Element – Werke aus der Sammlung Kemp lädt dazu ein, die Welt der Elemente durch die Brille der Kunst neu zu betrachten. Sie zeigt, dass die Grenzen zwischen Natur, Technik und Vorstellungskraft fließend sind.

In den Werken der Ausstellung offenbart sich die unerschöpfliche Energie des Schaffens: ein Kreislauf aus Transformation, Beobachtung und Erkenntnis – getragen von der Neugier, die sowohl die Wissenschaft als auch die Kunst antreibt.

Sammlung Kemp

Die Basis der Ausstellung bildet die Sammlung Kemp, die zu den herausragenden deutschen Privatsammlungen von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts zählt. Neben abstrakter Malerei, ZERO-Kunst, Skulpturen und Arbeiten auf Papier bilden hochkarätige Werke des Informel und der Farbfeldmalerei den Kern der von Willi Kemp gemeinsam mit seiner früh verstorbenen Gattin Ingrid aufgebauten Sammlung. 2011 gingen rund 3.000 Objekte an den Kunstpalast und Kemp gründete die Stiftung Sammlung Kemp zur Erforschung und Vermittlung der Bestände.

Weitere Informationen zu der Ausstellung und dem Begleitprogramm: www.kunstpalast.de

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