Ein-Blick in die Spinnerei mit Dauerausstellung und Sonderausstellung


Im Herzen eines neuen Kulturquartiers zwischen Bocholter Innenstadt und Aasee liegt das LWL-Museum Textilwerk mit Weberei und Spinnerei. Eine Brücke über den Fluss Aa verbindet die beiden Museums-Standorte. In den imposanten Sälen der historischen Spinnerei Herding erhalten Sie spannende Einblicke in historische und moderne Technik, erleben Modegeschichte und aktuelles Design. In der Weberei erwartet Sie eine Erlebniswelt mit täglicher Schauproduktion an historischen Webstühlen und einem vollständig eingerichteten Wohnhaus mit blühendem Arbeitergarten.

Quelle: LWL-Museum Textilwerk

Ich hatte die Möglichkeit vor dem Pressetermin zur Ausstellung „Behind Beauty“, die Spinnerei im LWL-Museum Textilwerk zu besichtigen. Nachfolgend ein paar Eindrücke. Die Texte in Kursiv sind © LWL-Museum Textilwerk.


Spinnerei – Forum für Textilkultur


Der viergeschossige Backsteinbau der ehemaligen Spinnerei Herding ist ein typisches Beispiel aus der Boomzeit der Textilindustrie in Bocholt. 1907 ließen die Firmeninhaber das Gebäude an der Aa mit Schaufassade und repräsentativen Wasserturm errichten. Mit fast 600 Webstühlen und 23.600 Spindeln gehörte die „Spinnweb“ Herding lange Zeit zu den größten Bocholter Textilbetrieben. Heute präsentiert das LWL-Museum im dem Gebäude Ausstellungen aus der Modegeschichte und zeigt Technik in Funktion.


Im Erdgeschoss der Spinnerei befindet sich ein „Parcours de la Mode“: In einer 23 Meter langen Vitrine, die als Laufsteg aufgebaut ist, nehmen historische Kleidungsstücke und Schuhe sowie textile Musterbücher die Besuchenden mit auf eine farbenfrohe Reise durch mehr als 100 Jahre Modetrends.

Historische Kleidungsstücke im LWL-Museum Textilwerk in Bocholt - Foto: Helmut Sonnenhol NRW-ist-schön.de

Das älteste Stück, ein schwarzes Tournüren-Kleid, stammt aus dem Jahr 1885. Dieser Teil der Ausstellung wird kontinuierlich sein Gesicht wandeln: Aus dem großen Fundus der Sammlung werden immer wieder neue Stücke den Laufsteg beleben und zeigen, wie vielfältig die Welt der Mode war und ist.


Die Macher und die Spinnerei

Dauerausstellung - Die Macher und die Spinnerei - Foto: Helmut Sonnenhol NRW-ist-schön.de

Im Flyersaal im ersten Obergeschoss präsentiert das LWL-Museum Textilwerk am authentischen Ort die Bedeutung der Textilunternehmer und der ansonsten selten ausgestellten Baumwollspinnerei. Die Schau zeigt die wirtschaftlichen Zusammenhänge und rückt die „Macher“ und die Lebenswelt der Unternehmer in den Fokus. Teilweise laufende Maschinen machen ein Stück Textilgeschichte der Region lebendig.

Flügelzwirnmaschine - Foto: Helmut Sonnenhol NRW-ist-schön.de

Mehr als 500 Exponate bekommen die Besuchenden auf 1300 Quadratmetern zu sehen. In ihrer Komposition verdeutlichen sie, dass sich die Handlungsfelder der Textilunternehmer in Westfalen – und speziell im Westmünsterland – in den vergangenen 150 Jahren kaum verändert haben.

Ausgestellt wird beispielsweise ein Schreibtisch des Textilunternehmers Carl Herding, den dieser Anfang des 20. Jahrhunderts gekauft und über viele Jahrzehnte hinweg benutzte. Der Kauf eines gebraucht gekauften Konzertflügels, ein mittleres Modell eines Montblanc-Füllfederhalters, Unternehmerporträts in Öl – alles Exponate, die darauf hinweisen, dass die „Macher“ in der Region zwar auf globalen Märkten agierten, in der Heimat jedoch bescheiden lebten.


Technik in Funktion


Das Westfälische Landesmuseum für Industriekultur besitzt eine der größten Sammlungen von Textilmaschinen in Europa. Einige davon wurden in den vergangenen Jahren aufwändig restauriert und sind jetzt in der neuen Ausstellung zu sehen. Die bis zu knapp 20 Meter langen Maschinen – vom Öffnerzug aus dem Jahr 1910 bis zur OE-Feinspinnmaschine von 1986 – lassen die Herstellung von Baumwollgarnen nachvollziehen.


Medienterminals zeigen zudem historische Aufnahmen und erklären die Funktionsweise der Spinnmaschinen. Einige dieser Maschinen werden den Besuchenden zudem regelmäßig vorgeführt.

Flügelzwirnmaschine - Foto: Helmut Sonnenhol NRW-ist-schön.de


Muster und Märkte

Auf den Spuren westfälischer African Prints – Sonderausstellung vom 25.4. – 2.11.2025

Die Ausstellung begibt sich auf Spurensuche und beleuchtet die oft unsichtbaren Verflechtungen der Textilveredelungsbetriebe Heinrich Habig AG und Göcke & Sohn AG in koloniale Handelsstrukturen. Zwischen den 1920er- und 1970er-Jahren produzierten sie auch sogenannte African Prints. Die Unternehmen stehen exemplarisch für ein Wirtschaftssystem, das von kolonialen Machtverhältnissen profitierte. Während unternehmerische Positionen dank zahlreicher Akten gut dokumentiert sind, eröffnet die Ausstellung bewusst neue Perspektiven.

Die Ausstellung wurde unter Leitung von Prof. Joachim Baur von einer Gruppe Master-Studierender der Kulturanthropologie des Textilen an der TU Dortmund kuratiert.

Die Fotogalerie der Ausstellung Muster & Märkte:

textilwerk.lwl.org/de/

Texte: © LWL-Museum Textilwerk