Drei neue Ausstellungen sind zu sehen im Museum für Gegenwartskunst in Siegen. Cory Arcangel zeigt LED-Leuchtkästen, bei „Not done yet“ geht es um koloniale Kontinuitäten und die Sammlung Lambrecht-Schadeberg zeigt Werke von Rupprecht Geiger.

MGKWalls – Cory Arcangel

19.09.2025 – 27.09.2026

Museum für Gegenwartskunst, Cory Arcangel - Foto: Helmut Sonnenhol

Cory Arcangel (*1978, Buffalo, NY (US), lebt und arbeitet in Stavanger (NO)) hat für die fünfte Ausgabe der „MGKWalls“ eine Serie neuer Arbeiten entwickelt. Die ortsspezifische Ausstellungsreihe stellt zwei prominente Wände des Museums in den Mittelpunkt einer Jahrespräsentation: die Eingangswand im Foyer des Museums sowie die große LED-Wand an der Außenfassade, die die Architektur des Museums programmatisch zur Stadt hin öffnet und seit der Eröffnung ein markantes Erkennungsmerkmal des Hauses ist.

Cory Arcangel ist Künstler, Komponist, Kurator und Unternehmer. Seit Ende der 1990er Jahre beschäftigt er sich mit den Möglichkeiten auf digitalen Technologien basierter Kunst. In seinen Arbeiten setzt er sich mit Netzkunst, Internet- und Popkultur, experimenteller Musik sowie der Unterhaltungsindustrie auseinander. Arcangel wurde für seinen ganz eigenen künstlerischen Zugriff auf alte und neue digitale Technologien bekannt. Dabei sind die jeweiligen Medien immer Thema und Gegenstand zugleich. Mit einem fast archäologischen Ansatz untersucht er ihre Strukturen und „hackt” die visuelle Sprache von Software, Videospielen, sozialen Medien und maschinellem Lernen.

Die Ausstellung „End User“ besteht aus zwei Teilen. Im Museum beleuchtet ein Triptychon aus großen LED-Leuchtkästen das Foyer bzw. den Innenraum. Sie sind Teil der fortlaufenden Serie „Lysbokser“ (Lightboxes) und zeigen quadratische Screenshots. Digitale Bilder mit einer Seitenlänge von ursprünglich 400 Pixeln wurden dazu auf zwei Meter hochskaliert. Es handelt sich um Bild-Text-Kombinationen, die der Künstler beim beiläufigen Surfen im Internet aufnimmt und auf seinem Are.na-Kanal „Paintings” (www.are.na/cory-arcangel/paintings-xcozqmk4tio) sammelt.

Die Titel der Bilder lassen das jeweilige Aufnahme-Moment, das Datum und die Uhrzeit nachvollziehen. Der Inhalt reicht von Grafiken der Benutzeroberfläche über tagesaktuelle Nachrichten und Promi-Klatsch bis hin zu kunsthistorischen Zitaten und anderen Bildelementen. Picassos „Les Demoiselles d’Avignon“ (1907) treffen auf Dreistreifen-Symbole oder ein Close-up der amerikanischen Sängerin Madison Beer im Rahmen einer Vanity-Fair-Oscar-Party. In der Zusammenschau verweisen die Leuchtkästen mit einem Zeitsprung von etwa 100 Jahren subtil auf die Geschichte der Malerei und vermitteln gleichzeitig ein düsteres Bild von den Entwicklungen der heutigen Online-Informationslandschaft.

Zeitgleich wird auf dem LED-Screen an der Außenfassade ein mit digitalen Mitteln verfremdetes Video gezeigt. Zu sehen sind Wasserreflexionen norwegischer Fjorde, die der Künstler unweit seines Ateliers aufgenommen hat. Zur Weiterbearbeitung nutzte Arcangel das Tool „Cookery“, ein Befehlszeilenprogramm, das er zusammen mit Henry Van Dusen entwickelt hat. Es ist kostenlos unter cookery.cooking/ erhältlich, um damit Rezepte zum „Frittieren“ von Bildern und Videos zusammenzustellen. Die Software bearbeitet Bilder mithilfe gängiger Techniken wie Komprimierung, Größenänderung und Modulation. Es wird deutlich, wie die Manipulation und Transformation des ursprünglichen Ausgangsmaterials mit „Cookery“ neue Darstellungsmöglichkeiten an der Schnittstelle von Figuration, Abstraktion und Fehlinformation generiert.

Die Ausstellung „End User“ bildet somit eine Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum, statischen und dynamischen LED-Screens, medialer und räumlicher Erfahrung, sowie kunsthistorischer und kommerzieller Bildproduktion. Sie spiegelt den Zustand und die Effekte gegenwärtiger Bildproduktion wider. Wie der Titel bereits andeutet, steht dabei die Frage nach dem Endnutzer des Ausgangsmaterials sowie seiner künstlerischen Übersetzung im Mittelpunkt der Präsentation.

Kuratiert von Thomas Thiel

„Not done yet“ – Koloniale Kontinuitäten

19.09.2025 – 18.01.2026

Museum für Gegenwartskunst, Not done yet - Foto: Helmut Sonnenhol

Geschichte reflektiert die Werte einer Gesellschaft und befindet sich zugleich in einem stetigen Wandel. Dabei nimmt die Sichtbarmachung der Deutschen Kolonialgeschichte und die Verflechtungen mit Geschichten anderer europäischer Kolonialmächte eine wichtige Rolle ein.
 
Ausgangspunkt der Ausstellung „Not done yet. Koloniale Kontinuitäten“ ist eine peruanische Silberschale, die durch den transatlantischen Sklavenhandel in den Besitz von Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679) gelangte. Im Jahr 1658 übergab er diese als Taufschale an die evangelische Kirchengemeinde Siegens, wo sie bis heute verwendet wird. Welchen Einfluss haben die Auswirkungen der Kolonialzeit auf die Nutzung und Wahrnehmung von Objekten?

Museum für Gegenwartskunst, Not done yet, Taufschüssel - Foto: Helmut Sonnenhol



Die Künstler*innen Mariana Castillo Deball, patricia kaersenhout und Anina Major setzen sich mit dieser Fragestellung, dem Fortwirken von kolonialen Strukturen in unserer Gesellschaft und möglichen Formen einer künstlerischen Selbstermächtigung auseinander. Ihre Skulpturen, Videos und Zeichnungen machen diese Kontinuitäten in vielfältiger Weise sichtbar. Kunst wird zum Ankerpunkt um Widersprüche zu verhandeln und einen Raum für neue Perspektiven und Erfahrungen zu öffnen.



Mit Werken von Mariana Castillo Deball, patricia kaersenhout, Anina Major und Leihgaben aus dem Siegerlandmuseum.

Kuratiert von Jessica Schiefer

Sammlung Lambrecht-Schadeberg – Rupprecht Geiger: Drei Farben

19.09.2025 – 18.01.2025

Wer das Werk von Rupprecht Geiger kennt, verbindet damit meist eine bestimmte Farbe: Rot. Sie zieht sich wie der buchstäbliche Faden durch sein künstlerisches Lebenswerk und prägt den Grundton vieler Ausstellungsplakate und -kataloge. Rot steht stellvertretend für Leben, Liebe, Macht und Energie. Die Farbe selbst ist das Element und die eigenständige Kraft.

Die Ausstellung „Rupprecht Geiger. Drei Farben“ mit Werken aus der Sammlung Lambrecht-Schadeberg zeigt Farbfeldmalereien aus den Jahren 1952–1998: Neben einer Auswahl roter Bilder, die mit ihren farblichen Abwandlungen zu Pink oder Magenta Geigers Faszination für die Farbe Rot erkennen lassen, werden diese um gelbe und blaue Bilder ergänzt. Gelb, die Farbe des Lichts und der Sonne, ist für Geiger ebenfalls eine rote Farbe. Im Blau liegt die Tiefe, die Farbe des Planeten und die Weite des Weltraums.

Museum für Gegenwartskunst, Sammlung Lambrecht-Schadeberg, Rupprecht Geiger  - Foto: Helmut Sonnenhol



Geiger zählt zu den Vertretern der Konkreten Kunst, was den Zugang zu seinen Werken erleichtert. Denn alles Notwendige ist unmittelbar vorhanden: Farbe, Pigment, Licht und Form. Rechteckige und ovale Motive sind in einem Raum auf drei Wänden verteilt. Über die vierte Wand, die Fensterfront, öffnen sie sich dem Licht und dem unteren Schlossplatz vor dem Museum. Im Zusammenspiel von Farbkörpern und Ausstellungssituation entsteht ein Farbraum, der auf Körper, Geist und Architektur übergreift und selbst mit geschlossenen Augen noch Nachbilder erzeugt.

Kuratiert von Thomas Thiel

Weitere Informationen (auch zum Begeleitprogramm) unter: www.mgksiegen.de

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