1,8 Kilometer lang ist das Denkmal des Monats August des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Die Zechenmauer der ehemaligen Zeche König Ludwig prägt bis heute das Ortsbild von Suderwich, einem Stadtteil von Recklinghausen. Sie zeugt nicht nur vom Steinkohlebergbau und vom Strukturwandel vom Dorf zum Industrieort. Auch an den Ursprung der Ruhrfestspiele erinnert die repräsentative Backsteinmauer.
LWL-Denkmalpflegerin Eva Schulte freut sich, dass die Zechenmauer bald unter Denkmalschutz steht: „Obwohl in Recklinghausen etwa seit den 1860er-Jahren Bergbau betrieben wurde, haben sich von den zahlreichen Steinkohlenzechen nur wenige Zeugnisse erhalten.“ Bis heute grenzt die Zechenmauer das einst 30 Hektar große Betriebsgelände der Schachtanlage König Ludwig 4/5 erkennbar ab. Nur die kurze Westseite ist nicht mehr vorhanden. „Die Einfriedung entstand im Zuge der sonstigen Tagesbauten und ist spätestens für das Jahr 1928 in großen Teilen belegt“, weiß die Denkmalpflegerin.
Innerhalb der Mauer fand der Tausch „Kunst gegen Kohle“ statt, der heute als Ursprung der Ruhrfestspiele gilt. Als im Winter 1946/1947 die Theater der Stadt Hamburg aufgrund fehlender Heizkohle kurz vor der Schließung standen, reisten der Verwaltungsdirektor und einige Angestellte ins Ruhrgebiet, um bei den Kohlezechen Hilfe zu erbitten. Auf der Schachtanlage König Ludwig 4/5 wurden ihre LKW unter Umgehung der Kontrolle durch die Besatzungsmächte wiederholt mit Kohle beladen. Zum Dank gaben die Hamburger Bühnen im Sommer 1947 Gastspiele für die Bergleute in Recklinghausen.
„Nicht nur die Geschichte der Zechenmauer ist bedeutend, sondern auch ihre Gestaltung. Sie zeigt sich durch die einheitliche Farb- und Materialwahl harmonisch, zugleich aber auch sehr vielgestaltig“, so Schulte. „Sie ist bis zu drei Meter hoch, teils gestaffelt, mit Blendarkaden, die Segmentbögen sind abwechselnd mit roten und gelben Klinkern gemauert, mit schmalen Lisenen und Zierfriesen gegliedert. Mehrere Rücksprünge schaffen kleine Platzsituationen, die auf historische Einfahrten, beispielsweise zur zecheneigenen Kokerei, verweisen. Die Pfeiler tragen teils dekorative Halbkugeln als Abschluss.“ Besonders die mit drei Türmchen bekrönte Fußgängerpforte an der Ecke Suderwich- und Katharinenstraße hebt die Denkmalpflegerin hervor.
Aufwändig und sorgfältig gestaltet, diente die Zechenmauer nicht nur dazu, das Betriebsgelände zu sichern. Sie steht auch für den Repräsentationsanspruch der Bergbauunternehmer. „Vergleichbare Anlagen sind in einer solch qualitätsvollen Ausführung und Vollständigkeit nicht bekannt“, betont Schulte.
Mit der Abteufung der Schachtanlage 4/5 zur Jahrhundertwende erreichte der Steinkohlebergbau den Suderwicher Raum, wo sich ein tiefgreifender Strukturwandel vom bäuerlich geprägten Dorf zum Industrieort vollzog. Gemeinsam mit den angrenzenden Bergarbeitersiedlungen zeigt die Einfriedung auch, wie Arbeiten und Wohnen zu Zechenzeiten zusammenhingen. „Für den Erhalt der Zechenmauer sprechen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe“, so das Fazit der Denkmalpflegerin Schulte. „Vor allem aber ist sie für die Menschen vor Ort ein wichtiges Zeugnis für die Arbeits- und Produktionsverhältnisse zur Zeit des Steinkohlebergbaus.“